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Nach dem Amoklauf in Graz: So hilft Psychotherapie beim Verarbeiten

Fachartikel von Robert Riedl

Der Amoklauf an der Grazer Schule hat uns tief erschüttert – körperlich, seelisch und gesellschaftlich. Psychotherapie kann helfen, Gefühle zu ordnen, Sicherheit zurückzugewinnen und das Erlebte zu verarbeiten – für Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte. Wichtig sind: ernst genommen werden, nicht allein bleiben und professionelle Hilfe annehmen dürfen – ohne Scham.

Einleitung

Der Amoklauf am BORG Dreierschützengasse in Graz am 10. Juni 2025 forderte viele Menschenleben und hinterließ tiefe Spuren – in der Schule, in Familien, in der ganzen Stadt und in ganz Österreich. Betroffen sind nicht nur die direkt Beteiligten, sondern auch Mitschüler:innen, Eltern, Lehrkräfte, Nachbar:innen und Menschen, die die Nachrichten gesehen haben.

Solche Ereignisse reißen den Boden unter den Füßen weg. Psychotherapie kann dabei helfen, wieder Halt zu finden – für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Dieser Artikel zeigt, was jetzt wichtig ist, was man selbst tun kann und wie professionelle Hilfe aussieht.

1. Was passiert bei einem so schlimmen Erlebnis?

Ein Amoklauf ist ein traumatisches Ereignis. Das heißt: Die Seele wird überwältigt. Typische Reaktionen können sein:

  • Körperliche Beschwerden: Herzklopfen, Schlafprobleme, Zittern, Appetitlosigkeit

  • Gefühle: Angst, Wut, Traurigkeit, Schuld, Leere

  • Gedanken: „Warum ist das passiert?“ – „Bin ich sicher?“ – „Hätte ich etwas tun können?“

  • Rückzug: Schweigen, sich isolieren, kein Interesse an Schule oder Alltag

Wichtig zu wissen: All das ist normal. Jeder Mensch reagiert anders – und das ist in Ordnung.

2. Wer ist betroffen?

Nicht nur die direkt Betroffenen leiden. Auch Menschen im Umfeld können stark mitgenommen sein:

  • Direkt Betroffene: Überlebende, Mitschüler:innen, Lehrer:innen, Angehörige der Opfer

  • Indirekt Betroffene: Freund:innen, Klassenkamerad:innen, Nachbar:innen

  • Gesellschaftlich Betroffene: Die ganze Schule, Stadtteile, Lehrerkollegien, Familien

Psychotherapie hilft, das in Zusammenhang zu bringen: Wie beeinflusst das, was passiert ist, mein Leben und meine Beziehungen?

3. Wie verarbeitet man ein traumatisches Erlebnis?

Traumatische Erlebnisse – wie ein Amoklauf – wirken tief in Körper und Seele. Sie überfordern unser normales Erleben. Verarbeiten heißt: langsam wieder Sicherheit aufbauen, Gefühle einordnen und neue Bedeutungen finden. Manche Menschen reden viel, andere ziehen sich zurück. Beides – und alles dazwischen – ist erlaubt. Wichtig ist, dass der Schmerz einen Platz bekommt – im Gespräch, im Körper, in der Erinnerung. Es geht nicht darum, das Erlebte zu vergessen, sondern es Stück für Stück in das eigene Leben zu integrieren. Dabei geht es darum, eine induviduelle Balance zu finden – zwischen dem Raum, den das Erlebte braucht, und dem behutsamen Zurückkehren in den Alltag. Psychotherapie kann dabei helfen, die eigene Reaktion zu verstehen, Selbstmitgefühl zu entwickeln und neue Hoffnung zu finden. Niemand muss stark sein. Aber jeder Mensch darf getragen werden – von anderen und von professioneller Hilfe.

4. Was kann ich jetzt selbst tun?

Für alle:

  • Nicht verdrängen: Was passiert ist, darf benannt werden.

  • Darüber reden: Aber nur, wenn man möchte. Zuhören ist genauso wichtig wie sprechen.

  • Tagesstruktur behalten: Schlafen, essen, sich bewegen – das stabilisiert.

  • Medienkonsum begrenzen: Nachrichten bewusst anschauen – und bewusst abschalten.

  • Gefühle ernst nehmen: Traurigkeit, Angst oder Wut sind erlaubt. Es gibt kein „richtiges“ Gefühl.

Für Jugendliche:

  • Kreativer Ausdruck: Schreiben, Zeichnen, Musik machen – Gefühle müssen raus.

  • Mit anderen reden: Freunde, Vertrauenslehrer:innen, Schulsozialarbeit nutzen.

  • Pausen machen: Handy aus, tief durchatmen, Zeit in der Natur verbringen.

Für Eltern:

  • Ehrlich sein: Sagen, dass man selbst betroffen ist, stärkt das Vertrauen.

  • Kindern zuhören: Fragen stellen wie: „Was beschäftigt dich gerade?“

  • Verlässlichkeit zeigen: Routinen einhalten, präsent sein, gemeinsam Dinge tun.

  • Hilfe annehmen: Niemand muss das allein bewältigen.

5. An wen kann ich mich wenden?

Krisenhilfe für Kinder und Jugendliche:

  • Rat auf Draht (147) – rund um die Uhr erreichbar, anonym und kostenlos

  • Krisenhotline Bildungsdirektion Steiermark: 0664 8034555665

Für Eltern und Erwachsene:

  • Telefonseelsorge (142) – kostenlos, anonym, Tag und Nacht

  • www.elternseite.at – Videoberatung für Eltern und Bezugspersonen

6. Was kann eine Psychotherapie leisten?

Psychotherapie hilft, seelische Verletzungen zu verstehen und zu verarbeiten. Besonders nach traumatischen Erlebnissen kann sie viel bewirken.

Psychotherapeut:innen unterstützen dabei:

  • Gefühle zu ordnen: Was fühle ich – und warum?

  • Sicherheit zurückzugewinnen: Was gibt mir Halt im Alltag?

  • Schuldgefühle zu entlasten: Es ist nicht deine Schuld.

  • Beziehungen zu stärken: Familie, Freundschaften, Schulklima.

  • Neue Kraftquellen zu entdecken: Ressourcen, die helfen, wieder Mut zu fassen.

Mögliche Therapieformen:

  • Einzelgespräche

  • Familiengespräche

  • Gruppengespräche mit Gleichaltrigen

  • Traumatherapie (z. B. EMDR, Stabilisierung, Körperarbeit)

7. Was bleibt – und wie geht es weiter?

  • Trauer braucht Zeit – und manchmal auch viele kleine Schritte: Trauer verläuft nicht linear – an einem Tag ist sie überwältigend, am nächsten scheint sie fern, und dann ist sogar Lachen möglich.

  • "Rückfälle" sind normal – manche Tage sind leichter, andere schwer: Auch wenn es zwischendurch besser geht, kann das Erlebte plötzlich wieder spürbar werden – das ist kein Rückschritt, sondern Teil des Heilungswegs.

  • Gemeinschaft trägt – Schule, Freunde, Familie können gemeinsam wachsen: Zusammenhalten gibt Halt – oft reichen kleine Gesten, ehrliche Worte oder gemeinsames Schweigen, um das Gefühl von Verbundenheit wiederzufinden.

  • Zukunft denken – Wie können wir Mobbing, Gewalt und Isolation vorbeugen? Aus dem Schmerz können neue Wege entstehen – wenn wir hinhören, hinschauen und Räume schaffen, in denen jede Stimme zählt.

Fazit: Niemand muss das allein durchstehen

Was in Graz passiert ist, erschüttert uns alle. Aber: Es gibt Wege durch diese Zeit. Man darf traurig, wütend oder sprachlos sein. Man darf Hilfe holen – für sich oder für andere.

Psychotherapie ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Weg zur inneren Stärke.

Hilfe und Unterstützung


Übersicht von Psychotherapeut:innen in Graz

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